Tiermodelle und Testsysteme

COFONI Technologieplattform

Urhebervermerk: Christian Wyrwa

Zur interdisziplinären Bearbeitung der in den verschiedenen Schlüsselbereichen bearbeiteten SARS-CoV-2 Forschungsfragen stellt die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) allen Projektpartnern innerhalb des Netzwerks die hochmodernen Laboratorien und Tierstallungen für BSL-3-Versuche an dem Research Center for Emerging Infections and Zoonoses (RIZ) im Rahmen von Kooperationsprojekten zur Verfügung. Die umfangreiche logistische Ausstattung der BSL-3- Tierhaltung und die Expertisen-reiche Erfahrung im Umgang mit entsprechenden Erregern wie auch SARS-CoV-2 weist diese TiHo-Einrichtung als einen zentralen Partner dieser Initiative aus. Das RIZ mit seinen BSL-3-Laboren besitzt ein mehrstufiges Sicherheitssystem inkl. thermische Abwasseranlage und doppelter  HEPA-Filterung einzelner Labortrakte, die verhindern, dass  die Erreger ins  Freie gelangen. Die technischen Systeme und Geräte wurden in einer längeren Testphase überprüft, Arbeitsabläufe, Wartungs-und Notfallprozesse intensiv validiert und trainiert. Seit Januar 2020 haben das BSL-3-Labor und auch die BSL-3-Tierhaltungen den Betrieb im Umgang mit humanpathogenen Aerosol-übertragbaren Erregern aufgenommen. Umfangreiche Arbeiten in den BSL-3-Laboren des RIZ werden dort von zahlreichen renommierten Wissenschaftlern unter der Koordination von Frau Prof. Maren von Köckritz-Blickwede als Leiterin für wissenschaftliche Administration und Biosicherheit sowie von Herrn Prof. Ab Osterhaus als wissenschaftlicher Direktor, ein weltweit anerkannter Experte auf dem Gebiet der Coronavirus-Forschung insbesondere bezüglich SARS-CoV- 1 und MERS-CoV, durchgeführt. 

Im RIZ werden außerdem verschiedene experimentelle Tiermodelle in Frettchen, Hamstern und Mäusen in den BSL-3-Laboren etabliert und für Studien für die Testung von Impfstoffen und neuen antiviralen Strategien eingesetzt. Für die Durchführung dieser Tierversuche ist ein höchstmöglicher Standard im Sinne des Tierschutzes und der Biosicherheit erforderlich. Die beteiligten Wissenschaftler*innen wie Frau Prof. Asisa Volz, Herr Prof. Wolfgang Baumgärtner, Frau Prof. Maren von Köckritz-Blickwede, Herr Prof. Guus Rimmelzwaan, und Herr Prof. Ab Osterhaus verfügen über die fachliche Expertise und auch institutionelle Voraussetzung mit modernsten Gebäudetechnologien, um diesen Standards gerecht zu werden.  

Zur Unterstützung der im Forschungsnetzwerk COFONI bearbeiteten Fragestellungen werden die bisher etablierten SARS-CoV-2 Tiermodelle unter der Federführung von Frau Prof. Volz und von Prof. Köckritz-Blickwede als Leitung der Technologieplattform weiter für die Projekt-spezifischen Bedingungen optimiert, um eine bestmögliche Ergänzung zu den in Patient*innen generierten Forschungsergebnissen zu ermöglichen. Hierzu gehört die zusätzliche Entwicklung von SARS-CoV-2- Tiermodellen, die besondere pathophysiologischen Bedingungen beim Menschen, wie(1)spezifische Vorerkrankungen/Immunsuppression, (2) Alter oder auch Long/Post COVID-Pathologien widerspiegeln. Diese Modelle werden im Rahmen der zentralen Infrastruktur etabliert und den Partnern in COFONI inkl. der Expertise zur SARS-CoV-2-spezifischen Tierversuchsdurchführung zur Verfügung gestellt. Die TiHo kann als Partner die Logistik und Durchführung von Tierversuchen unter BSL-3-Bedingungen inklusive pathologischer Untersuchungen durch das Institut für Pathologie unter der Leitung von Prof. Wolfgang Baumgärtner allen Partnern in COFONI im Rahmen von Kooperationsprojekten anbieten, und somit eine Plattform für die regionale Forschung liefern. Auf diese Weise kann die Testung von Wirkstoffen und Impfstoffen schnellstmöglich umgesetzt werden. Die Analyse in solchen Tiermodellen wird essentiell sein, um die in COFONI generierten Daten für die Etablierung von neuen Diagnostikmethoden sowie für die Entwicklung von neuen Therapeutika und  Impfstoffen im Menschen einzusetzen. 

Ein weiterer wesentlicher Teil dieses standortübergreifenden Zentral-Projektes „Tiermodelle“ ist am TWINCORE – Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung angesiedelt und wird von Herrn Prof. Ulrich Kalinke vertreten. Bereits vor der Etablierung der COFONI-Technologieplattform wurde eine Technologieplattform im Bereich gentechnisch veränderter Mäuse vorgehalten, die gemeinsam von MHH und HZI getragen und professionell organisiert wird. Für COFONI von besonderer Bedeutung sind am TWINCORE gezüchtete und entwickelte Mausmodelle der SARS-CoV-2 Infektion. Bereits früher hergestellte transgene Mäuse, die den humanen Rezeptor von SARS-CoV-2, das angiotensin converting enzyme 2 (ACE2), exprimieren, bei dem es sich um ein wichtiges Enzym der Blutdruckregulation und des Renin-Angiotensin-Systems (RAS) handelt, werden mit einer Tamoxifen-induzierbaren Deletion des Typ I Interferon Rezeptors (IFNAR) auf Typ II Pneumozyten der Lunge kombiniert (Sftpc-CreERIFNARfl/fl). Auf diese Weise soll die Infizierbarkeit mit SARS-CoV-2 von Typ II Pneumozyten, bei denen es sich um eine wichtige Zielzelle von SARS-CoV-2 in der Lunge des Menschen handelt, in der Maus weiter erhöht werden. So können den Partnern in COFONI für die verschiedenen Fragestellungen qualitätskontrollierte transgene Mausmodelle der SARS-CoV-2 Infektion zur Verfügung gestellt werden.  

Nicht-menschliche Primaten (NHP) sind genetisch, immunologisch und physiologisch dem Menschen näher verwandt als Nager und Frettchen und bilden bestimmte Aspekte der COVID-19 Erkrankung besser ab als Kleintiermodelle. Wichtige Hypothesen, die in Zellkultur und/oder Kleintiermodellen erarbeitet wurden, müssen daher in NHP-Modellen überprüft werden. Insbesondere die Immunsysteme von NHP und Mensch weisen starke Ähnlichkeiten auf. NHP sind daher besonders geeignet, um aufzuklären, welche Prozesse für den Aufbau einer protektiven Immunantwort gegen SARS-CoV-2 wichtig sind und wie diese Prozesse durch das Virus gestört werden. Mit Hilfe von NHP-Modellen konnten bereits zu Beginn der Pandemie zentrale Einsichten in die SARS-CoV-2 Ausbreitung im Wirt und Pathogenese sowie deren Hemmung durch Impfstoffe, Medikamente und Antikörper gewonnen werden1,2. Auch heute sind NHP-Modelle von großer Bedeutung für die Analyse von u.a. Impfstoffkandidaten und rekombinanten, neutralisierenden Antikörpern und werden eingesetzt, um Virus-Vermehrung und Pathologie nach der akuten Phase der Infektion zu untersuchen. Die Abteilung Infektionsbiologie des Deutschen Primatenzentrums Leibniz-Institut für Primatenforschung (DPZ) wird von Prof. Stefan Pöhlmann geleitet und hat wichtige Beiträge zur Erforschung der SARS-CoV-2-Infektion geleistet, u.a. die Entdeckung von ACE2 als Rezeptor für SARS- CoV-2 und TMPRSS2 als aktivierende Protease3. Zusammen mit der Abteilung Versuchstierkunde, geleitet von Prof. Rabea Hinkel, und Partnern an der TiHo, insbesondere Prof. Ab Osterhaus, hat die Abteilung Infektionsbiologie die SARS-CoV-2 Infektion von Rhesusaffen etabliert. Dieses Modell bildet einen milden Verlauf einer SARS-CoV-2 sehr gut ab4 und wurde erfolgreich eingesetzt um u.a. die antivirale Wirkung eines rekombinanten, neutralisierenden Antikörpers zu demonstrieren. Parallel zur TiHo werden Modelle etabliert, die Vorerkrankungen und Immunschwächen abbilden. Außerdem sollen aufder Basis von Vektor-Technologien und DPZ-lizensierter virus-like particle (VLP) Technologie Methoden5 etabliert werden, die es erlauben, die Expression von Wirtszellfaktoren im Respirationstrakt gezielt zu modulieren. Dieser Ansatz kann wesentlich dazu beitragen, zelluläre Faktoren als Angriffspunkte für die COVID-19 Therapie zu identifizieren. Die entsprechenden Tiermodelle werden innerhalb der Infrastruktur etabliert und Partnern im Konsortium im Rahmen einer Zusammenarbeit zur Verfügung gestellt. Dabei übernimmt das DPZ die Planung und Durchführung der NHP-Arbeiten, einschließlich der virologischen und immunologischen Analyse der Tiere, und berät und unterstützt bei der Stellung von Tierversuchsanträgen.  

Vor der Erprobung im Tiermodell muss die Wirksamkeit niedermolekularer Substanzen und Biotherapeutika in targetbasierten und zellulären Assays belegt werden. Ebenso müssen ausreichende pharmakokinetische Eigenschaften vorliegen. Insbesondere für die Findung guter niedermolekularer Leitstrukturen ist die Profilierung einer hohen Zahl vonnöten. Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) ist im Rahmen der europäischen Infrastruktur EU OPENSCREEN ein spezialisiertes Zentrum für infektionsrelevante Assays unter S2- und S3-Bedingungen. Die vorhandene Infrastruktur und Technologie wurde im  Rahmen des COFONI-Projektes ausgebaut, um Wirksubstanzen gegen SARS-CoV-2 in einer zellulären Assay-Kaskade zu profilieren. Dabei kommen neben einem Hochdurchsatz-Primärassay im 384er Mikrotiterplattenformat ein Plaque-basierter Sekundärassay zum Einsatz. Es stehen mehrere Zellinien und Viren zur Verfügung. Die Infrastruktur wird Substanzen aus dem COFONI-Netzwerk und von anderen  nationalen und internationalen Partnern profilieren. Falls größere Zahlen von Wirksubstanzen gefunden werden, werden diese nach Industriestandards anhand von chemischen und biologischen Daten gefiltert und priorisiert. Darüber hinaus wird bioanalytische Kapazität zur Verfügung gestellt, um die Wirkstoff-Konzentrationen und pharmakokinetische Parameter aus den oben beschriebenen Tiermodellen über hochempfindliche Triple-Quadrupol-Massenspektrometrie zu bestimmen.  


1 Baum et al (2020), Science, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33037066
2 Munster et al (2020), Nature, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32396922
3 Hoffmann et al (2020), Cell, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32142651
4 Rockx et al (2020), Science, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32303590
5 Hoffmann et al (2016), Mol Ther Nucleic Acids, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27003757

Ansprechpartner*innen

Tiermodelle und Testsysteme

Copyright: HZI/János Krüger

Prof. Dr. Mark Brönstrup
Abteilungsleiter Chemische Biologie
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung
Feodor-Lynen-Str. 7-9
30625 Hannover
Mark.Broenstrup(at)helmholtz-hzi.de

Copyright: HZI/János Krüger

Prof. Dr. Ulrich Kalinke
Institut für Experimentelle Infektionsforschung
TWINCORE –Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung
Eine Gemeinschaftseinrichtung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung und der Medizinischen Hochschule Hannover
Feodor-Lynen-Str. 7-9
30625 Hannover
Ulrich.Kalinke(at)twincore.de


Copyright: Karin Tilch, DPZ

Prof. Dr. Stefan Pöhlmann
Deutsches Primatenzentrum GmbH
Leibniz-Institut für Primatenforschung
Kellnerweg 4
37077 Göttingen
spoehlmann(at)dpz.eu

Copyright: Prof. Dr. Asisa Volz

Prof. Dr. Asisa Volz
Institut für Virologie
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Bünteweg 17
30559 Hannover
Asisa.Volz(at)tihohannover.de


Copyright: Prof. Dr. Maren von Köckritz-Blickwede

Prof. Dr. Maren von Köckritz-Blickwede
Leitung wiss. Administration und Biosicherheit
Research Center for Emerging Infections (RIZ)
Leitung AG Biochemie der Infektionen,
Institut für Biochemie
Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Bünteweg 17
30559 Hannover
Maren.von.Koeckritz-Blickwede(at)tihohannover.de

Downloads

Leitlinie zur Nutzung der Technologieplattform Tiermodelle

Ziel der Leitlinie zur Nutzung der Technologieplattformen ist es, die wissenschaftliche Nutzung der im Rahmen von COFONI-Projekten erhobenen Daten und gewonnenen Bioproben zu ermöglichen und zu fördern. Es ist Anliegen von COFONI aus den gesammelten Daten und Bioproben den größtmöglichen Nutzen für die medizinische Forschung zu erzielen.

Diese Leitlinie umfasst den allgemeinen Regelungszweck sowie spezifische Regelungen der Technologieplattform Tiermodelle (Kapitel I) und allgemeine Vorlagen und Empfehlungen für zentrale Elemente der Tierversuchsanträge zur Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen zur Durchführung von Tierversuchen (Kapitel II). Die getroffenen Regelungen gelten für alle COFONI-geförderten Projekte und COFONI-Nutzungsprojekte.

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