| Presseinformation Nr. 154 / 2020

Jacob-Henle-Nachwuchspreis 2020 für UMG-Neuropathologin

Forschung und Forschungsprofil ausgezeichnet: Medizinische Fakultät ehrt Dr. Lidia Stork aus dem Institut für Neuropathologie der Universitätsmedizin Göttingen. 10.000 Euro dotierter Preis gestiftet von der Sparkasse Göttingen.

Jacob-Henle-Nachwuchspreis 2019 der Medizinischen Fakultät an der Universitätsmedizin Göttingen: (v.l.) Preisträgerin Dr. Lidia Stork (Assistenzärztin am Institut für Neuropathologie UMG), Prof. Dr. Wolfgang Brück (Vorstand Forschung und Lehre der UMG, Dekan der Medizinischen Fakultät). Foto: umg/spförtner

(umg) Die Medizinische Fakultät an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) zeichnet Dr. Lidia Stork, Assistenzärztin am Institut für Neuropathologie der UMG, mit dem Jacob-Henle-Nachwuchspreis 2020 aus. Dr. Lidia Stork erhält den Preis für ihr Forschungsprofil und insbesondere als Anerkennung für ihre wissenschaftliche Publikation mit dem Titel „Severe meningo-/encephalitis after daclizumab therapy for multiple sclerosis“. Stork ist Erst-Autorin der Studie, die sich mit gehirnentzündlichen Veränderungen, der Meningoenzephalitis, unter der medikamentösen Therapie mit Daclizumab bei Multipler Sklerose befasst. Darin konnte nachgewiesen werden, dass diese potenziell tödliche Nebenwirkung und andere schwerwiegende Nebenwirkungen durch eine fehlgesteuerte Immunantwort ausgelöst werden. Die Forschungsergebnisse wurden 2019 in der medizinischen Fachzeitschrift „Multiple Sclerosis Journal“ veröffentlicht.

Mit dem Jacob-Henle-Nachwuchspreis würdigt die Medizinische Fakultät an der UMG in Erinnerung an den Göttinger Anatomen Jacob Henle hervorragende Nachwuchswissenschaftler*innen, die an der UMG forschen und ihre Forschungsergebnisse erfolgreich in Fach-Journalen veröffentlicht haben. Die Forschungskommission der Medizinischen Fakultät wählt dabei aus einer Reihe von Publikationen aus, mit denen sich Nachwuchswissenschaftler*innen der UMG im Laufe eines Jahres in dem fakultätsinternen Wettbewerb „GöVIP“ (Göttingen Very Important Publication) beworben hatten. Der Jacob-Henle-Nachwuchspreis ist mit 10.000 Euro dotiert, das Preisgeld wird von der Sparkasse Göttingen gestiftet.

Die Verleihung des Jacob-Henle-Nachwuchspreises 2020 fand am Freitag, dem 18. Dezember 2020, aufgrund der pandemischen Lage nur in kleinem Kreis und unter Einhaltung der Abstandsregeln statt. Prof. Dr. Wolfgang Brück, Vorstand Forschung und Lehre der UMG und Dekan der Medizinischen Fakultät, überreichte die Urkunde an die Preisträgerin Dr. Lidia Stork. Stellvertretend für das Institut für Neuropathologie beglückwünschten Institutsdirektorin Prof. Dr. Christine Stadelmann-Nessler und Prof. Dr. Imke Metz, Letzt-Autorin der ausgezeichneten Publikation, die Preisträgerin vor Ort. Für die Stifterin des Preises nahm Rainer Hald, Vorsitzender des Vorstands der Sparkasse Göttingen, per Zoom-Meeting an der feierlichen Verleihung teil. Auch Prof. Dr. Jürgen Wienands, Forschungsdekan der UMG, war virtuell zugeschaltet.

„Die Forschungskommission hat ein stringentes Auswahlverfahren, es ist ein strenger Wettbewerb. Dieses Jahr war es unter den Veröffentlichungen besonders eng“, sagte Prof. Dr. Jürgen Wienands, Forschungsdekan der UMG, bei seiner kurzen Würdigung der Preisträgerin. „Das ist eine tolle Arbeit, die sich bei der Auswahl durchgesetzt hat. Das ist gut für die UMG und das ist gut für Sie.“

Rainer Hald, Vorsitzender des Vorstands der Sparkasse Göttingen, beglückwünschte die Preisträgerin Dr. Storck. „Wir setzen auf junge Talente. Die Sparkasse ist eng verbunden mit der Universitätsmedizin Göttingen. Für uns ist die Förderung von Wirtschaft und Wissenschaft ein wichtiger Faktor. Als Sparkasse stiften wir nur das Preisgeld, die Auswahl der Kandidat*innen und Preisträger*innen obliegt der Medizinischen Fakultät.“

Prof. Dr. Wolfgang Brück dankte als Sprecher des Vorstands der UMG, Vorstand Forschung und Lehre der UMG und Dekan der Medizinischen Fakultät Rainer Hald für das Sponsoring des Preises: „Wir wollen den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern. Deshalb sind wir sehr dankbar für diese Unterstützung und das Aufrechterhalten dieser Förderung, damit wir den Nachwuchspreis verstetigen können.“

Zur Studie

Daclizumab ist ein monoklonaler Antikörper, der gegen den Interleukin-2-Rezeptor gerichtet ist. Dieser Rezeptor gilt als einer der immunologischen Schlüsselfaktoren bei der Multiplen Sklerose (MS). Der Antikörper Daclizumab war zur Therapie der schubförmigen Multiplen Sklerose (MS) zugelassen, wurde jedoch aufgrund von schwerwiegenden Nebenwirkungen im März 2018 vom Markt genommen. Untersuchungen von insgesamt sieben Patient*innen liegen der am Institut für Neuropathologie der UMG durchgeführten Studie zugrunde. Die Meldung dieser sieben Fälle an das Paul-Ehrlich-Institut im Februar 2018 hat zur Marktrücknahme des Medikaments geführt.

Nach der Gabe von Daclizumab hatten die Patient*innen schwer verlaufende kombinierte Entzündungen des Gehirns (Enzephalitis) und seiner Hirnhäute (Meningitis) entwickelt. Diese konnten in der Neuropathologie der UMG histologisch diagnostiziert und beschrieben werden. Es fanden sich ausgeprägte lymphoplasmazelluläre Infiltrate mit zahlreichen eosinophilen Granulozyten und vaskulitisch veränderten Gefäßen – Veränderungen, die nicht zur vorbekannten MS passten.

Klinisch zeigten die Patient*innen neben den neurologischen Symptomen zahlreiche systemische Symptome, wie akuter Hautausschlag (Exanthem), Schwellungen und Wassereinlagerungen (Ödeme) oder Symptome von entzündlichen Erkrankungen des Darms. Ferner traten zahlreiche Autoimmunerkrankungen neu auf. Anhand von typischen klinischen und Laborbefunden konnte nachgewiesen werden: Der überwiegende Teil der Patient*innen erfüllte die Kriterien für eine Arzneimittelreaktion, dem sog. „Drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms (DRESS)-Syndrom“. Zwei der Patient*innen starben an den Nebenwirkungen.

„Als ursächlich für diese Nebenwirkungen nehmen wir eine fehlregulierte Immun­antwort an“, sagt Dr. Lidia Stork. Möglicherweise sei diese bedingt durch einen fehlenden Anstieg von natürlichen Killerzellen bei gleichzeitiger Reduktion regulatorischer T-Zellen. „Diese Studie verdeutlicht, dass es wichtig ist, die Arzneimittelsicherheit auch nach der Markteinführung weiter zu überwachen“, sagt Prof. Dr. Imke Metz, die die Studie wissenschaftlich betreute.

Originalpublikation: Stork L, Brück W, von Gottberg P, Pulkowski U, Kirsten F, Glatzel M, Rauer S, Scheibe F, Radbruch H, Hammer E, Stürner KH, Kaulen B, Heesen C, Hoffmann F, Brock S, Pawlitzki M, Bopp T, Metz I. Severe meningo-/encephalitis after daclizumab therapy for multiple sclerosis. Mult Scler. 2019 Jan 18:1352458518819098. doi: 10.1177/1352458518819098. PMID: 3065742

Die Preisträgerin

Dr. Lidia Stork, Jahrgang 1983, hat an der Staatlichen Akademie für Medizin „Professor V.-F.-Voino-Jasenki“ in Krasnojarsk (Russland) Humanmedizin studiert. Bis 2012 ist sie dort als Wissenschaftlerin am Institut für Molekularmedizin sowie als Assistenzärztin am Lehrstuhl Nervenkrankheiten tätig. In mehreren Gastaufenthalten in Deutschland, Japan und den USA schärft sie seit der Studienzeit ihr Forschungsprofil. Mit einem Auslandsstipendium der USA forscht sie unter anderem 2010/2011 mehrere Monate als Gastwissenschaftlerin am renommierten Lerner Research Institute der Cleveland Clinic Foundation in Cleveland, Ohio (USA). 2013 wechselt Dr. Stork an das Institut für Neuropathologie der Universitätsmedizin Göttingen. Hier arbeitet sie bis heute als Assistenzärztin für Neuropathologie in der Diagnostik und Forschung. Im Frühjahr 2020 wird sie mit einer neuropathologischen Arbeit über die Apherese Therapie (einem Blutwäscheverfahren) bei immunpathologisch klassifizierten Multiple-Sklerose-Patienten an der Medizinischen Fakultät Göttingen promoviert. In ihren Forschungen befasst Dr. Stork sich aktuell mit Fragen zur Pathogenese der Multiplen Sklerose (MS) sowie progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML). Ihre Schwerpunkte liegen dabei auf der Untersuchung von diagnostischen, prognostischen sowie therapeutischen Markern bei pathologisch definierten Multiple Sklerose-Mustern und der Charakterisierung der Entzündung in PML-Läsionen. Für ihre Forschungen wurde Lidia Stork 2018 mit dem Apherese-Innovation-Preis der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie ausgezeichnet.

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